Er ist wohl das Wichtigste zu Beginn eines Schuljahres: der Stundenplan. Gespannt wartet man auf ihn: Wann habe ich wie lange Unterricht? Habe ich auch am Nachmittag Unterricht? Wann habe ich welche Fächer?
Doch wie entsteht so ein Stundenplan? Ist ein Stundenplan das Ergebnis eines Würfelspiels oder steckt doch eventuell so der eine oder andere Gedanke dahinter? Warum ist er noch nicht am ersten Schultag fertig?
Fragen über Fragen… Fragen, die ich mit diesem Bericht vielleicht ein wenig beantworten kann:
Die Erstellung eines Stundenplans ist ein sehr komplexes Unterfangen. Zu Beginn müssen alle Rahmenbedingungen und Vorgaben eingeholt werden:
- Welche Lehrpersonen unterrichten?
Dies hängt von den Ausschreibungen, Bewerbungen, dem Bedarf, den Dienstzuteilungen, Krankheiten, Karenzen, … ab. Im optimalen Fall weiß man alle Lehrpersonen bereits vor den Sommerferien, in der Realität ist dies erst zu Schulbeginn möglich zu wissen. - Welche Lehrpersonen unterrichten welche Fächer?
Hier muss man die Zusammensetzung des Lehrkörpers abwarten. Grundsätzlich ist die Lehrfächerverteilung jedoch schon recht früh entschieden. - Haben sich Änderungen der Stundentafel ergeben?
Die Stundentafel sagt uns, wie viele Stunden jedes Fach in jedem Jahrgang unterrichtet wird.
Solche Entscheidungen müssen immer im Schulforum beschlossen werden. - Wann stehen welche Räume zur Verfügung?
Dies betrifft z.B. beide Turnhallen, den Physik- und Chemieraum, die Werkräume, die Schulküche oder sogar die Klassenräume am Nachmittag. Denn wir sind eine Schule in einem großen Areal, das von mehreren Institutionen genutzt wird. Hier benötigt es eine detaillierte Absprache, im Rahmen derer genaue Einteilungen vorgenommen werden. - Pädagogische Wünsche der Lehrpersonen
Pädagogische Wünsche können z.B. Doppelstunden in Bildnerische Erziehung oder eine Doppelstunde und zwei Einzelstunden in einem Erstfach sein. - Mitverwendungen von Lehrpersonen
Einige Lehrpersonen unterrichten nicht nur an einer Schule, sondern sind z.B. auch an der PH Tirol oder an einer anderen Mittelschule mitverwendet. Sie können also nicht zu jeder Zeit eingeteilt werden. Ist jemand mehr als 50 % an einer anderen Schule, so müssen wir uns an die Vorgaben dieser Schule halten. - rechtliche Vorgaben
Hier gibt es ganz klare Richtlinien wie z.B., dass eine Klasse nicht mehr als neun Stunden pro Tag Unterricht haben darf. - organisatorische Vorgaben
Für einen optimierten Unterricht sind spezielle Vorgaben seitens der Schulleitung vorhanden. Dazu gehört etwa, jeden Tag in der dritten Stunde die gesunde Jause vorbereiten zu können. Deshalb muss hier stets in einer Klasse der röm/kath Unterricht stattfinden. Oder es ist auch wünschenswert, nicht zu viele Erstfachstunden nach der fünften Stunde zu planen.
Sind alle Vorgaben eingeholt, so kann das Planen beginnen:
Ein Irrglaube ist, dass mit den Erstfächern (Deutsch, Mathematik, Fremdsprache/Englisch) gestartet wird. Die ersten Stunden, die gesetzt (=verplant) werden, sind die bei denen am wenigsten Handlungsspielraum besteht. Dies betrifft alle Bewegung&Sport-, Werk-, Ernährung&Haushalt-, Physik-, und Chemie-Stunden. als Nächstes kommen die Stunden an die Reihe, die nicht jahresdurchgängig, sondern entweder nur 14tägig oder nur in einem Semester gehalten werden. Denn für letztere Variante müssen ja „kompatible“ Fächer/Lehrpersonen im anderen Semester gefunden werden. Anschließend wird schrittweise Fach für Fach gesetzt. Je mehr Stunden verplant sind, umso schwieriger wird es, weitere zu setzen. Es ist auch unumgänglich, immer wieder bereits geplante Stunden wieder zu verschieben, weil sonst weitere nicht mehr zu setzen sind. Findet eine Stunde keinen Platz (sei es, weil die Lehrperson dort schon verplant ist oder eine Vorgabe nicht mehr einzuhalten wäre), ist es unwahrscheinlich, dass nur eine Stunde verschoben werden muss. Meistens sind es mehrere Stunden, die den Platz zu wechseln haben. Man spricht hier von einem „Rattenschwanz“. Dies ist oft sehr kompliziert, aber macht diese Arbeit auch besonders interessant.
Sollte dann der Plan nach zig Stunden Arbeit fertig sein, so folgen die Kontrollen:
- Sind alle Stunden laut Stundentafel auch wirklich vergeben?
- Stimmen die Stundenanzahlen mit den Lehrverpflichtungen überein?
- Gibt es Lücken bei den Klassenplänen?
- Sind alle Vorgaben und Richtlinien umgesetzt?
- Sind die Pläne für alle Klassen pädagogisch in Ordnung?
- Können die Unverbindlichen Übungen („Freifächer“) auch nach Einlangen der Anmeldungen dort stattfinden, wo sie geplant sind?
Erst wenn diese Punkte alle kontrolliert und eventuell verbessert worden sind, werden die einzelnen Lehrer:innenpläne betrachtet. Hier wird darauf geachtet, dass eine möglichst große Zufriedenheit zu Schuljahresbeginn hergestellt werden kann. Sollten hier noch Änderungen gemacht werden, so werden diese niemals zu Lasten der Klassenpläne, Vorgaben oder anderer Lehrpersonen getätigt. Es ist nämlich allen Lehrpersonen bewusst, dass sie von Montag in der Früh bis Freitag am Nachmittag eingesetzt werden können und ein Stundenplan für sie eine Dienstverpflichtung darstellt.
Die oberste Prämisse bei der Erstellung des Stundenplans ist das Wohl der Schüler:innen!
Die oft getätigte Aussage, dass es bereits zahlreiche Programme zur Erstellung eines Stundenplans gäbe, ist zwar richtig, aber nicht komplett durchdacht. Denn es gibt noch kein Programm, welches alle Vorgaben automatisch berücksichtigt und den pädagogisch sinnvollen Grundgedanken innehat. Die Erfahrung zeigt, dass bei jedem Vorschlag, den ein Programm liefert, auf jeden Fall noch Einiges händisch nachgebessert werden muss. Außer man legt keinen Wert auf einen sinnvoll durchdachten Plan – dann kann man auch (ruhigen) Gewissens einen dieser Vorschläge als Endfassung liefern…
Klar und wichtig zu wissen ist es, dass kein Stundenplan alle Beteiligten auch wirklich restlos zufriedenstellen kann und wird. Deshalb ist es besonders entscheidend, wenn jeder – Schüler:innen wie Lehrpersonen – nicht nur seinen eigenen im Blick hat, sondern versucht zu hinterfragen, warum er so gestaltet worden ist. Denn jede gesetzte Stunde ist bewusst so gesetzt worden. Und nicht gewürfelt…
An der Praxis–Mittelschule der PHT konnte die vergangenen elf Jahre der Stundenplan stets spätestens in der ersten Schulwoche ausgeteilt werden. Davon ausgenommen ist das Fach „Deutsch als Zweitsprache“, da hier die neuen Schüler:innen erst beobachtet werden müssen, um sagen zu können, wie und wann es sinnvoll ist, dieses Fach abzuhalten.
So – das war jetzt SEHR viel Theorie. Aber ab und zu kann auch etwas „trockener“ Stoff nicht unwichtig oder uninteressant sein…
Bildquellen
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