Der Lehrer startet während der Stunde aus dem Nichts einen Countdown und die Schüler:innen klatschen ganz selbstverständlich und zeitgleich genau einmal. Gleichzeitig fragen sich 3 Lehramtsstudierende, ob sie tatsächlich im (Mathematik-)Unterricht sitzen.
Schnell haben wir – drei Lehramtsstudierende der Universität Innsbruck – verstanden, dass Schule mit vielen Ritualen verbunden ist. Der „Einmalapplaus“ ist nur eines von vielen Elementen, das den Schulalltag für alle Seiten berechenbar macht und dadurch erleichtert. Wir durften das Initialpraktikum an der Praxismittelschule absolvieren. Nach der an der Uni gelehrten Theorie ging es also jetzt um die Praxis und die Umsetzung von Unterrichtsideen.
Es ist das erste Praktikum unseres Studiums. Motto: Erste Unterrichtserfahrungen machen. Wir wurden gleich mit Begriffen wie Kompetenzen und Teamteaching bekannt gemacht, konnten anfangs aber kaum etwas damit anfangen. Unser Betreuungslehrer veranschaulichte diese Konzepte, indem er uns nochmal in die Rolle der Schüler:innen versetzte und wir in Besprechungsstunden mit diesen Modellen ganz praktisch konfrontiert wurden. Schnell wurde uns klar, dass die Begrifflichkeiten der Pädagogik oftmals kompliziert oder abstrakt klingen, jedoch in der und durch die Praxis ganz leicht verständlich werden.
Zum Beispiel bekamen wir ein Schularbeitenbeispiel aus der 1. Klasse: Wir sollten aus einem Quadrat ein doppelt so großes Quadrat basteln. Wir dachten uns: „Das werden wir locker meistern!“ Doch bald wurde uns bewusst, dass wir zwar viele Lösungsansätze hatten, diese aber nicht anwenden konnten, da sie noch nicht im Lehrplan der 1. Klasse vorkommen und erst in späteren Klassen gelehrt werden. Ein Bastelbeispiel in einer Schularbeit war für uns alle etwas Neues. Im Nachhinein ist aber für uns eines der Ziele der Mittelschule erkennbar geworden: Durch Probieren, Experimentieren, das Zulassen von Fehlern und einen konstruktivistischen Ansatz finden alle ihren eigenen Weg, Beispiele und Probleme zu lösen.
Unser Eindruck nach 2 Wochen in der Praxis: Schüler:innen werden an der Praxisschule dazu animiert, selbst individuelle Lösungsansätze zu finden. Lehrer:innen begleiten die Lernenden und geben ihnen den Freiraum, selbst auf Lösungsansätze zu stoßen, ohne gleich die Lösung oder einen vordefinierten Weg dahin präsentiert zu bekommen. So bleibt der Mathematikunterricht an der Mittelschule greifbar, ist weniger abstrakt und stark an Handlungen gebunden. Die reine Reproduktion fremdgelehrten Wissens weicht einem Kompetenzbündel, Probleme von Grund auf zu analysieren, zu verstehen, zu definieren und zu lösen.
Wir, die Studierenden, haben aus den Hospitations- und Besprechungsstunden sowie den von uns selbst vorbereiteten und gehaltenen Stunden so viel mehr als theoretisches Fachwissen mitgenommen. Für uns steht fest, dass Schüler:innen iel mehr zugetraut werden kann, als wir zu Beginn vermutet hätten. An der Praxismittelschule bekommen Kinder und Jugendliche genau diesen Spielraum, den sie benötigen, um selbstständig etwas (im wahrsten Sinne) zu begreifen und zu erlernen, was im Endeffekt das Ziel einer schulischen Ausbildung sein sollte: Schüler:innen zum selbstständigen Lernen befähigen und animieren. Wir selbst sind heute noch mehr von unserer Berufswahl überzeugt!
(Artikel dreier Studierender der Lehramtsausbildung)
Bildquellen
- Studierende an unserer Schule: © https://pms.ph-tirol.at